Grauer Star: Abrechnung der Laser-OP bei Privatpatienten

Bisher war zwischen PKV und Ärzteschaft umstritten, wie spezielle Laser-OPs bei grauem Star abgerechnet werden dürfen. Nun hat der Bundesgerichtshof ein grundlegendes Urteil gesprochen.
Dezember 2021
Älterer Mann beim Augenarzt

Viele ältere Menschen leiden an Grauem Star, fachsprachlich Katarakt. Dabei handelt es sich um eine Trübung der Augenlinse, die das Sehvermögen zunehmend einschränkt. Heute ist es Standard, mit der Katarakt-OP den Linsenkern zu entfernen und eine Kunstlinse einzusetzen. Die operierenden Ärztinnen und Ärzte verwenden dabei zunehmend einen sogenannten Femtosekundenlaser, auch wenn in der Wissenschaft der Nutzen dieser OP-Methode durchaus umstritten ist. Problematisch aber war bisher vor allem die Abrechnung der Laser-Anwendung im Rahmen der Katarakt-OP.

Der jahrelange Streit zwischen der Privaten Krankenversicherung und einem Teil der Ärzteschaft ist jetzt geklärt: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit zwei Urteilen vom 14. Oktober 2021 entschieden, dass bei der Katarakt-OP ein Laserzuschlag erhoben werden kann, nicht aber eine Extra-Gebühr „Intraoperative Strahlenbehandlung“. Damit teilt die höchste zivilgerichtliche Instanz die Position der PKV. Ärztinnen und Ärzte sind berufsrechtlich verpflichtet, sich an die Rechtsprechung des BGH zu halten. Wer wegen eines Grauen Stars operiert wird, muss für die laserassistierte Operation keine hohen Zusatzkosten mehr fürchten.

Wie wird die Behandlung des Grauen Stars abgerechnet?

Die Grundlage für die Abrechnung einer ärztlichen Behandlung ist die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Sie ist für die Ärztinnen und Ärzte verbindlich. Für die Durchführung einer Katarakt-OP ist die GOÄ-Nr. 1375 vorgesehen. Augenärzte berechnen meistens den Gebührenhöchstsatz und damit den 3,5-fachen Satz, d. h. je Auge 714,02 Euro. Zusätzlich können sie bei einer ambulanten OP noch den OP-Zuschlag nach GOÄ-Nr. 445 in Rechnung stellen: 128,23 Euro. Außerdem erstattet die PKV die Kosten für die eingesetzten Linsen, die der Arzt als Auslagen zusätzlich in Rechnung stellt. Wird bei der Operation ein Laser eingesetzt, kann hierfür gemäß der Gebührenordnung ein Laserzuschlag erhoben werden – nach GOÄ-Nr. 441 in Höhe von 67,49 Euro.

Weshalb gab es Probleme mit Rechnungen für Katarakt-OPs?

Zahlreiche Augenärztinnen und -ärzte sowie verschiedene Amtsgerichte hielten eine andere – deutlich höhere – Abrechnung als die PKV für gerechtfertigt. Die Auseinandersetzung über die korrekte Abrechnung des Lasereinsatzes liegt hauptsächlich in der veralteten Gebührenordnung begründet. Deren letzte Novellierung erfolgte zum 1. Januar 1996, ein Femtosekundenlaser wurde bei einer Katarakt-OP zum ersten Mal 2008 eingesetzt. Entsprechend argumentierten bislang viele Augenärzte und -ärztinnen, dass die Laser-OP als neue Behandlungsmethode in der GOÄ nicht geregelt sei, und wendeten eine Analogabrechnung an: Statt des in der GOÄ vorgesehenen Laserzuschlags sei die Gebührennummer „Intraoperative Strahlenbehandlung“ (GOÄ-Nr. 5855 analog) bei einer Operation des Grauen Stars mit Femtosekundenlaser passend. Damit erhöht sich die Vergütung im Schnitt um fast 1.500 Euro pro Auge.

Warum ist eine Analog-Abrechnung der Laserbehandlung unzulässig?

Der Femtosekundenlaser ist tatsächlich nicht ausdrücklich in der GOÄ aufgeführt. Damit käme grundsätzlich eine Analogabrechnung in Betracht. Allerdings hat der Gesetzgeber festgelegt, dass für eine Analogabrechnung bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen. In § 6 Abs. 2 GOÄ ist geregelt: „Selbstständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden.“

Wie die PKV sieht der BGH die Femtosekundenlaserbehandlung nicht als eine selbstständige Leistung an, sondern lediglich als eine Vorbehandlung zur Katarakt-Operation. Um eine selbstständige Leistung handelt es sich nur, wenn dafür eine „eigenständige medizinische Indikation“ vorliegt. Das ist beim Einsatz des Femtosekundenlasers nicht der Fall. Die Indikation für die Katarakt-Operation lautet "Grauer Star". Hierfür ist in der GOÄ die GOÄ-Nr. 1375 vorgesehen. Welche Technik zum Erreichen des Operationsziels verwendet wird, ist nach der GOÄ unerheblich.

Die Operation mithilfe eines Femtosekundenlasers unterscheidet sich von der bisher üblichen Operationsmethode einzig dadurch, dass der Laser bestimmte Teilschritte übernimmt, die sonst der Arzt von Hand durchführt: die Eröffnung der Linsenkapsel und die Zerkleinerung des Linsenkerns. Bereits nach einer früheren Rechtsprechung des BGH ist es auch nicht von Bedeutung, ob eine neue Behandlungsmethode schonender ist als die übliche. Diese Auslegung hat der BGH in seinen Urteilen vom Herbst 2021 noch einmal unterstrichen.

Was ist für Privatpatientinnen und -patienten wichtig?

Wenn Sie vor einer Katarakt-Operation stehen, sollten Sie vorab einen Kostenvoranschlag einfordern und darauf achten, welche Leistungen Ihr Arzt oder Ihre Ärztin wie berechnen möchte. Taucht die GOÄ-Nr. 5855 im Kostenvoranschlag auf, sollten Sie darauf hinweisen, dass dies nach den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 14. Oktober 2021 (Aktenzeichen: III ZR 350/20 und III ZR 353/20) nicht zulässig ist. Auch wenn Sie keinen Kostenvoranschlag erbeten haben, können Sie nach erfolgter Behandlung eine Analog-Abrechnung des Lasereinsatzes ablehnen und die Rechnung entsprechend kürzen. Eine vorherige Klärung ist allerdings vorzuziehen.

Zusatzkosten können Ihnen bei einer Operation am Grauen Star nur dann entstehen, wenn Ihre Augenärztin oder Ihr Augenarzt den Abschluss einer individuellen Vereinbarung verlangt – etwa über die gesteigerte GOÄ-Nr. 1375 (Durchführung der Katarakt-OP). Über den Inhalt und Preis der individuellen Vereinbarung müssen Sie aber vorab im Einzelnen informiert werden. Außerdem müssen Sie ausdrücklich schriftlich zustimmen. Wichtig: Bevor Sie sich darauf einlassen, sollten Sie Ihre Tarifbedingungen prüfen oder im Zweifelsfall bei Ihrem Versicherer nachfragen. Denn viele Tarife sehen keine Erstattung von Honorarvereinbarungen vor. Keine Patientin und kein Patient muss sich zudem auf eine Honorarvereinbarung einlassen. Sie können dem widersprechen und sich einem anderen Augenarzt anvertrauen, der auf eine solche Vereinbarung verzichtet.