Warum sind Krebs-Früherkennungsuntersuchungen so wichtig?
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iStock: Alex Raths
Krebserkrankungen müssen zwar nicht immer akut behandelt werden – wer aber mögliche Symptome spät oder gar nicht abklären lässt, riskiert deutlich schwerere Verläufe oder kann womöglich nicht geheilt werden. Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) (Bild © dkfz.de), erklärt, warum man auch während der Corona-Pandemie zum Arzt gehen sollte.
Frau Dr. Weg-Remers, sind Krebserkrankte seit Ausbruch der Corona-Pandemie seltener zum Arzt gegangen?
Ja, davon muss man ausgehen. Wir hatten im Krebsinformationsdienst insbesondere während der ersten Corona-Welle viele entsprechende Anfragen. Krebspatienten und -patientinnen haben sich gefragt, ob sie sich angesichts steigender Covid-19-Erkrankungszahlen wie geplant behandeln lassen sollten. Und es gab einzelne Patienten, bei denen etwa eine Operation durch die Ärzte abgesagt wurde. Daher haben das Deutsche Krebsforschungszentrum, die Deutsche Krebshilfe und die Deutsche Krebsgesellschaft im März eine gemeinsame Task Force eingerichtet, die Veränderungen in der onkologischen Versorgung frühzeitig erfassen sollte. Insgesamt wurde während des Beobachtungszeitraums zwar eine deutliche Störung der Versorgung dokumentiert, aber keine anhaltenden bedrohlichen Einschränkungen in der onkologischen Akutbehandlung.
Wo gab es die stärksten Einbrüche?
Die allermeisten Einschränkungen gab es in der Nachsorge, in der Psychoonkologie und in den Beratungsangeboten. Auch der Trendreport des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) für das erste Halbjahr 2020 zeigt: Verschiebbare ambulante Leistungen wie das Hautkrebsscreening waren ab der zweiten Märzhälfte und im April besonders stark rückläufig. Das Mammographie-Programm war für einige Wochen sogar komplett ausgesetzt. Besorgniserregend waren auch die Zahlen für die ambulante Versorgung erkrankter onkologischer Patienten: Sie lagen Ende März um rund 40 Prozent unter denen des Vorjahrs. Man muss davon ausgehen, dass viele Menschen nicht zum Arzt gegangen sind.
Welche Anzeichen von Krebserkrankungen sollten auf jeden Fall abgeklärt werden?
Bei ungewöhnlichen Veränderungen oder Beschwerden, die sich nicht einfach so erklären lassen, sollte man unbedingt zur Ärztin oder zum Arzt gehen. Das kann eine unbeabsichtigte Gewichtsabnahme sein, Husten oder Atembeschwerden, die nicht nach ein paar Tagen wieder verschwinden, eine ungewöhnliche Hautveränderung oder ein tastbarer Knoten. Wer Blut im Stuhl oder im Urin bemerkt, sollte das nicht auf sich beruhen lassen. Das gilt auch, wenn Frauen nach den Wechseljahren Ausfluss oder eine Schmierblutung bekommen. Hinter diesen Symptomen kann etwas ganz Harmloses stehen – oder eine schwerwiegende Erkrankung, die diagnostiziert und behandelt werden sollte.
Welche Risiken gehen Menschen ein, die Symptome für Krebserkrankungen nicht abklären lassen?
Viele Krebsarten sind keine Notfalldiagnose, bei denen innerhalb von Tagen unbedingt etwas passieren muss. Trotzdem kann man davon ausgehen, dass das Verschleppen von Symptomen oder Beschwerden nachteilig ist: Spät erkannte Krebserkrankungen lassen sich oft viel schwerer behandeln als Frühstadien, und auch die Heilungschancen sinken.
Wie hoch schätzen Sie das Infektionsrisiko beim Arzt oder im Krankenhaus ein?
Das Risiko, sich anzustecken, hängt immer von den örtlichen Hygienekonzepten ab – und auch davon, wie gut man sich selbst an die Abstands- und Hygienevorgaben hält. Mittlerweile wird aber fast überall in Praxen und Kliniken streng auf die Einhaltung der Hygienegebote geachtet. Die Folgen einer zu spät erkannten oder nicht rechtzeitig und ausreichend behandelten Krebserkrankung wiegen meist schwerer als die Gefahr einer Ansteckung mit dem Sars-CoV-2-Virus.
Inwiefern stellt eine Coronavirus-Infektion eine besondere Gefahr für Krebspatienten dar?
Für den Verlauf einer Infektion bei Krebspatienten spielen mehrere Faktoren eine Rolle: Ist die Krankheit aktuell aktiv, wenn sie also metastasiert und fortschreitet, sind Betroffene eher gefährdet, als wenn sie stabil und gut beherrscht ist oder schon länger zurückliegt. Viele Krebserkrankungen wie etwa Leukämien, Lymphome oder Lungenkrebs erfordern oft eine besonders intensive Therapie, die das Immunsystem unterdrückt und Betroffene generell anfällig für schwere Verläufe von Infektionen macht. Und auch bei Krebspatientinnen und -patienten spielen die individuellen Voraussetzungen eine Rolle – also das Alter, eventuelle Begleiterkrankungen, der Zustand des Immunsystems, aber auch, ob jemand raucht oder mangelernährt ist.
Aktuelle Fragen zum Thema beantwortet der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums.