Warum sollten Patienten mit Herzinfarkt-Verdacht sofort zum Arzt?

Dezember 2020
Abstand halten verhindert keinen Herzinfarkt

Schmerzen im Brustkorb, Übelkeit, Blässe: Ein Herzinfarkt oder andere Herznotfälle können harmlos beginnen – aber lebensbedrohlich werden. Betroffene mit diesen Warnzeichen sollten dringend zum Arzt gehen, appelliert der Herzspezialist Professor Dr. Thomas Voigtländer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung.

Herr Professor Voigtländer, sind Herzerkrankte seit Ausbruch der Corona-Pandemie seltener zum Arzt gegangen? 

Ja. Studien zeigen, dass während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 31 Prozent weniger akute Herzinfarkte als im Vorjahreszeitraum in stationäre Behandlung kamen – das sind alarmierende Zahlen. Herzinfarkt, aber auch andere Herznotfälle wie eine Herzinsuffizienz oder lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen sind keine aufschiebbaren Krankheitsfälle, sondern unterliegen der Notfallversorgung. Diese ist auch während der Corona-Pandemie durchgehend gewährleistet.

Welche Anzeichen von Herzkrankheiten sollten Betroffene unbedingt abklären?

Typische Herzinfarkt-Symptome sind vor allem plötzlich einsetzende starke Schmerzen, die länger als fünf Minuten anhalten und sich in Ruhe nicht bessern. Häufig kommen auch kalter Schweiß, Blässe, Übelkeit, Atemnot, Unruhe- und Angstzustände hinzu. Die Schmerzen sind überwiegend im Brustkorb, häufig hinter dem Brustbein, bisweilen auch nur im Rücken zwischen den Schulterblättern oder im Oberbauch zu spüren. Sie können aber auch in den Arm, Hals oder Kiefer ausstrahlen. Bei diesen Warnzeichen sollten Betroffene sofort zum Arzt gehen.[[{"type":"media","view_mode":"media_original","fid":"4242","attributes":{"alt":"Foto: Deutsche Herzstiftung","class":"media-image","style":"width: 200px; height: 300px; float: right; margin: 10px;","title":"Foto: Deutsche Herzstiftung"}}]]

Welche Risiken gehen Patienten ein, die Symptome für Herzkrankheiten nicht abklären oder nicht regelmäßig kontrollieren lassen?

Unbehandelt können Herzerkrankungen zu schwerwiegenden Komplikationen führen. Insbesondere Schmerzen oder ein unangenehmes Engegefühl im Brustkorb können Vorboten für eine fortgeschrittene Herzkranzgefäßverengung bis hin zum Herzinfarkt sein. Durch den Infarkt kann ein größerer Teil des Herzmuskels irreparabel zerstört werden, der Patient entwickelt akut oder auch langfristig eine Herzschwäche. Zu langes Warten bei Herzinfarkt-Verdacht ist in allen Altersgruppen fatal. Kurze Bewusstlosigkeiten etwa können ein harmloses neurologisches Problem, aber auch Vorboten einer bösartigen Herzrhythmusstörung – also dem Kammerflimmern – sein. Im schlimmsten Fall kann der Patient innerhalb weniger Minuten am plötzlichen Herztod versterben. Deshalb ist es so wichtig, bei diesen Symptomen einen Facharzt aufzusuchen.

Wie hoch beurteilen Sie das Infektionsrisiko beim Arzt oder im Krankenhaus?

Das Infektionsrisiko des Patienten ist mittlerweile sehr gering. Durch den Einsatz der Schnelltests können im Krankenhaus Covid-19-Erkrankte sehr schnell identifiziert und entsprechend isoliert werden, sodass nicht an Covid-19-Erkrankte geschützt sind.

Stellt eine Coronavirus-Infektion eine besondere Gefahr für Herz-Patienten dar?

Wie riskant eine Covid-19-Ansteckung bei bestehender Herz-Kreislauf-Erkrankung werden kann, variiert von Fall zu Fall. Es gibt noch keine zuverlässigen Daten darüber, welche Auswirkungen Art und Schweregrad der Vorschädigung haben. Die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Komplikationen beläuft sich bei schweren Verläufen nach derzeitigen Schätzungen auf fünf bis zehn Prozent der Covid-19-Erkrankten. Bei Covid-19 kann es auch zu einer direkten Schädigung des Herzens kommen. Neue Daten zeigen, dass es offenkundig häufiger als gedacht zu entzündlichen Mitreaktionen des Herzmuskels kommt. Nur in wenigen Fällen entwickelt sich eine „echte“ Myokarditis.

Weitere Informationen rund um das Thema Herz-Kreislauf-Erkrankungen bietet die Deutsche Herzstiftung unter www.herzstiftung.de oder Tel. 069/955128-400.

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